"Ich bin Rowan Trevelyan, ein Ritter aus Albernia, gesalbt und gesegnet.", sagte Rowan, während er Dolch und Schwert zog und selbstsicher auf den Wegelagerer zuging. "Zeige mir, wie gut du tanzen kannst, Spielmann."
Damit hatte er das Protokoll erfüllt, hatte sich vorgestellt und dem Mann die Gelegenheit gegeben, seine Waffe niederzulegen. Er tat es nicht.
Es waren zwei Angreifer, die Rowan sehen konnte. Der eine trug deutlich sichtbar einen Kettenpanzer unter dem bunten Narrengewand. Der andere war halb hinter einem Baum versteckt und legte einen Pfeil auf seine Bogensehne. Rowan musste schnell handeln. Den ersten Streich des Narren mit dem Kettenhemd nahm er in Kauf und vertraute auf die Stärke seiner Wattierung. Er spürte den Biss der Waffe am Oberarm, wirbelte um den kleineren Mann herum und traf ihn mit voller Wucht mit dem Schwert an einer ungeschützten Stelle am Oberschenkel. Das Brechen seines Knochens war befriedigend deutlich zu hören. Der Mann fiel schreinend um. So schnell es ging verschwand Rowan zwischen den beiden Wagen, die von den Wegelagerern als Barrikade auf die Straße geschoben worden waren. Gerade rechtzeitig, wie er feststellte, als der Pfeil des Schützen in das Holz knapp vor seinem Gesicht eindrang. Wenn Rowan eine Lektion von Aidan und Renard behalten hatte, dann die, dass ein Schütze, der seinen Pfeil verschossen hatte, ein leichtes Ziel war. Rowan verließ seine Deckung wieder, Schwert und Dolch voran, als die herrische Stimme erklang.
"Stellt die Kämpfe ein!"
Der Bogenschütze, der eben schon sein Schwert aus der Scheide fingern wollte, während Rowan auf ihn zustürmte, hielt tatsächlich inne. Rowan gab im Augenblick einen feuchten Dreck auf den Befehl. Die Spitze des eigenen Schwertes setzte er dem Schützen an den Bauch. Der Dolch fand seinen Platz an der Kehle des Mannes. Dann erst wagte Rowan einen Blick nach hinten, um herauszufinden, wer da den Kampf unterbrochen hatte.
Der junge Mann, der nun einen der Wagen verließ, war eindeutig von hochgeborener Abstammung. Seine Kleidung war edel und teuer. Aber noch deutlicher verriet ihn die Art, wie er sich bewegte. Dieser Mann war kein Ritter wie Rowan. Aber er war es gewöhnt, dass Leute gehorchten, wenn er etwas sagte.
"Meinen Namen kennt Ihr ja bereits, Mylord. Wer seid Ihr?", fragte Rowan.
"Ich bin Lord Halys Caylawn. Mein Vater ist Herzog Robett Caylawn.", antwortete der Mann. Dann blickte er auf den Gaukler im Narrenkleid, dem Rowan mit einem Streich das Bein gebrochen hatte. "Wie kannst du es wagen, einen Adligen anzugreifen?" Halys trat dem Mann gegen das verwundete Bein. Der Mann keuchte auf.
Die beiden Männer waren also aus irgendeinem Grund hier abgestellt worden, um Reisende zu überfallen und sie standen in Diensten von Lord Halys. Etwas hier war gewaltig falsch. Beim Blick auf Lady Cara konnte Rowan deutlich die Abscheu sehen, die die junge Frau für Halys empfand. Soviel zum Portfolio von Halys. Es wurde Zeit, dem jungen Gecken zu zeigen, wer Rowan Trevelyan war.
"Ihr habt recht, Mylord. Einen Adeligen zu überfallen ist ein schweres Verbrechen.", sagte Rowan. Und mit einer geübten Bewegung senkte er die Schwertklinge in den Bauch des Bogenschützen, während der Dolch die Kehle des Mannes öffnete. Man musste dem Mann zugute halten, dass er beinahe geräuschlos starb. Rowan hatte aber ohnehin seinen Blick auf Halys gerichtet, der nun gänzlich allein war.
"Was ist hier los, Mylord?", fragte Rowan, und ohne das blutige Schwert und den Dolch zu scheiden machte er ein paar Schritte auf Halys Caylawn zu.
"Wir versperren den Weg.", antwortete er und bliebt dabei gefasster, als es Rowan lieb war. "Wir haben Haus Carnaby eingenommen und den Baron und seine Familie festgesetzt. Sie werden des Hochverrates angeklagt von meinem Vater, ihrem Lehnsherren."
Rowan hoffte, dass Lady Cara nun besonnen blieb. Sie tat es und schwieg.
"Warum Gaukler?", wiederholte Fionan seine Frage.
"Das ist seltsam, nicht?", antwortete Rowan und nippte erneut am Wein. "Sagt mir, Vater, wenn einer Eurer Vasallen Hochverrat begehen würde, würdet Ihr dann nicht unter Bannern zu seinem Haus reiten und es einnehmen?"
Fionan nickte.
"Offenbar brauchte Herzog Robett einen Trick. Wie wir später erfuhren, fielen als Spielleute gewandete Soldaten und Söldner im Auftrag von Haus Caylawn über Haus Carnaby her und überrumpelten es. Etwas war gänzlich faul an dieser Sache."
"Und deshalb beschloss mein Sohn, sich einzumischen und eine Frau zu retten, die er nicht einmal ehelichen wollte?"
"Ich erinnere mich, einmal einen Schwur geleistet zu haben, der mir aufträgt, jene zu schützen, denen Unheil und Unrecht widerfährt. Dies war hier offenbar der Fall. Und außerdem..."
Rowan schmunzelte.
Fionan ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Er wartete einfach ab, bis Rowan weitersprach.
"Außerdem ist nicht die Ziege das Symbol der praktischen Weisheit, Vater? Heißt es nicht, dass ein Trevelyan aus jeder Lage einen Vorteil ziehen kann? Ich wusste in dem Augenblick natürlich noch nicht genau, welchen Vorteil es bringen würde, mich in diesen Konflikt einzumischen. Nun aber weiß ich es."
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